Danke, ihr Lieben, für eure Antworten!
Es geht mir gerade wieder etwas besser.
Ich hatte einen kleinen Teilerfolg:
Meine Tochter hatte in letzter Zeit mehrfach angefangen zu weinen, wenn sie für einen ganzen Tag oder über Nacht zu ihem Vater sollte. Eigentlich hätten die Kinder heute den ganzen Tag und bis morgen Mittag bei ihrem Vater bleiben sollen.
Ich befand mich in einer Zwickmühle, weil ich den Umgang wegen des gemeinsamen Sorgerechts nicht einfach untersagen kann, aber andererseits nicht ignorieren kann, dass meine Tochter nicht mehr bei meinem Ex übernachten will.
Mich hat das belastet, weil ich es wichtig finde, dass die Wünsche und Gefühle meiner Tochter respektiert werden. Sie soll nicht lernen, ständig gegen ihren eigenen Willen zu handeln. Nur weil ihr Vater das von ihr erwartet.
Mir gegenüber hat sie deutlich formuliert, dass sie dort nicht mehr übernachten will. Sie fing bitterlich an zu weinen und sagte: Mama, ich fühle mich dort einfach nicht wohl. Ich will dort nicht übernachten. Ich möchte, dass du uns früh wieder abholst!
Ihm gegenüber wagte sie das aber nicht zu sagen. Wenn mein Ex etwas von den Kindern verlangt, tun sie es.
Meinem Ex gegenüber äußern die Kinder nicht ihre Wünsche. Sie sagen ihm nicht, was sie denken oder wenn sie sich schlecht fühlen, sondern sie machen eben das, was er bestimmt. Und er macht das, was er für richtig hält, auch wenn das an den Bedürfnissen der Kinder völlig vorbeigeht. So war das schon immer. Meine Kinder sind stets zu mir gekommen, wenn es ihnen nicht gut ging, wenn sie Trost brauchten, wenn sie krank waren, wenn sie schlimm geträumt hatten, wenn sie Hunger hatten, zu Freunden wollten, oder sie sich nicht trauten die Rutsche herunterzurutschen. Sie haben sich immer an mich gewendet. Wirklich krass. ich schreibe gerade diese Zeilen und mir kommen Situationen von früher in den Sinn, in denen meine Kinder zu mir nach draußen in den Garten gelaufen kamen und ein Glas Saft haben wollten, obwohl
ihr Vater zur selben Zeit gerade mit ihnen in der Küche war. Ich erinnere mich, dass ich mich darüber mokiert habe, dass die Kinder immer nur mich ansprechen.
Wie dem auch sei, ich habe also meinem Ex vorgestern deutlich gemacht, dass ich die Kinder noch am selben Tag abends wieder abholen werde. Daraufhin kam es natürlich zum Streit, weil er meinte, dass ich ihm aus reiner Boshaftigkeit die Kinder vorenthalten wolle. Ich bin darauf nicht eingegangen, habe nicht diskutiert, sondern die Kinder heute abend wieder abgeholt.
Er hat getobt, aber er hat's gefressen. Die Sache mit den Übernachtungen ist damit jetzt durch.
Mein Ex empfindet es als eine persönliche Beleidigung, wenn jemand anderes nicht das tut, was er will. Er fühlt sich dann herabgewürdigt, so als wolle man ihm etwas Böses, nur weil man selbst etwas anderes möchte oder ein anderes Ziel verfolgt als er.
YKMN hat meine Beziehung mit meinem Ex sehr treffend zusammengefasst:
natürlich war er er selbst, nur eben die dunkle Seite an ihm. Und so wie du eure Ehe beschreibst, war die auch schon immer da, es schwankte halt nur, wieviel davon nach außen trat. Und solange du das kleine Duckmäuschen warst, musste er davon ja nicht viel zeigen, hast ja immer brav genickt und zu allem Amen gesagt. Das war der einzige Grund, weshalb eure Beziehung überhaupt mal "funktionieren" konnte. Doch sobald du ein wenig selbstständiger wurdest, fiel das Kartenhaus in sich zusammen. Er war also im Kern schon immer so wie heute.
Ja, so war es.
Ich verhalte mich ihm gegenüber aber lange nicht mehr wie damals. Ich sage ihm ganz klar, was geht und was nicht.
Wenn ich nicht zum Äußersten gehe, sondern immer wieder Kompromisse mache, dann nicht, weil ich denke, dass er im Grunde das Opfer ist. Oder weil ich mich um ihn sorge oder Mitgefühl hätte. Ich denke schon lange nicht mehr daran, was
ihm recht wäre.
Also JA, du solltest unbedingt noch viel weiter gehen und ihn im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten angehen, für deine Kinder, für dich selbst, vielleicht auch für deine jetzige Beziehung. Dieser Mann muss, soweit es möglich ist, aus deinem Leben chirurgisch komplett entfernt werden. Je weniger du dich mit ihm auseinander setzen musst, desto besser wird es dir gehen, der psychische Druck abfallen. Dann sieht er seine Kinder halt ein paar Jahre nicht mehr, Pech gehabt!
Natürlich würde es mir besser ohne ihn gehen. Aber so einfach ist das nicht: Er hat auch Rechte.
Wir waren verheiratet, immerhin 12 Jahre lang bis zur Trennung, da hat der Vater rein juristisch erst einmal genauso viele Rechte wie die Mutter. Und normalerweise ist das auch gut so! In so einem Fall wie meinem ist es ein langer Weg zu beweisen, dass es dem Kindeswohl abträglich wäre, wenn der Vater diese Rechte tatsächlich auch alle in Anspruch nehmen würde. Rein juristisch dürfte mein Ex die Kinder z.B. die Hälfte der Ferien bei sich haben, das sind im Sommer 3 Wochen! Meine Tochter macht aber schon bei 1 Übernachtung Theater.
Dennoch bleibt er der Vater meiner Kinder, ob mir das gefällt oder nicht.
Ich muss aber mit meiner Energie haushalten, denn ich brauche sie für mich und meine Kinder. Ich kann nicht alles in juristische Auseinandersetzungen, in Stress und Streit stecken. Das geht nur Schritt für Schritt und in Maßen. Ich muss "nebenher" ja noch arbeiten und will auch Zeit haben, mit meinen Kindern etwas zu unternehmen.
Wie bitte??!! Gerade eben hast du DEIN Leben noch als ruiniert bezeichnet, und wer hat das gemacht? Du selbst vielleicht?? Du bist es deinen Kindern schuldig dass du genau das an Unterhalt für sie verlangst, was euch zusteht. Und das einzige worauf du achten musst, ist, dass ihr nicht in Gefahr geratet, weil er wieder gewalttätig wird. Rücksichtnahme auf jemanden, der dich geschlagen hat und immer noch Psychoterror ausübt? Aber sowas liest man immer wieder. DA kann ich mich schwer reindenken, nicht in das, was du erlebst hast!
Ich nehme nicht Rücksicht auf ihn, sondern im Grunde auf mich und die Kinder, wenn ich Kompromisse mache. Es ist für mich eine Abwägung, ob ich alles dran setze und die Konfrontation suche, damit ich im Endeffekt das Geld bekomme, was mir bzw. den Kindern eigentlich zusteht, aber dafür riskiere, dass er wieder ausrastet und es vor den Kindern immer wieder zu Streit kommt. Oder ob ich mit Abstrichen lebe, dafür aber evtl. - jedenfalls - kurzzeitig etwas mehr Energie übrig habe und mal eine ruhige Phase, in denen die Kinder keinen Streit erleben.
Das ist ein Balance-Akt. Ich taste mich voran, versuche soweit zu gehen, wie möglich, ohne zu viel zu riskieren.
Man könnte jetzt argumentieren, dass ich erpressbar sei. Das bin ich auch im Grunde. Mein Ex weiß ganz genau, dass die Kinder mein Schwachpunkt sind. Die Kinder sind der einzige Weg, über den er mich emotional noch erreichen kann. Sie sind der einzige Punkt, wo er Druck auf mich ausüben kann. Alles andere ist futsch, für immer. Ich habe null Gefühle für ihn, bin auch materiell unabhängig. Ich brauche ihn nicht. Wofür denn? Es gibt nichts, was mein Leben mit ihm besser machen würde.
Aber über die Kinder kann er mich packen. Das funktioniert immer. Also biete ich ihm so wenig Angriffsfläche wie möglich.
Nic hat es auf den Punkt gebracht:
Da muss man besonnen, fachlich kompetent vorgehen. Das ist nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick vielleicht erscheint.
Er hat mit allem Recht, auch hiermit:
Du warst damals jung, hast aus deiner damaligen Sicht den Richtigen geheiratet. Und vor allem: du hast dich weiter entwickelt. Du bist nicht dafür verantwortlich, dass ein Mann, der, auch wenn er nicht sehr religiös ist, aber von einer ganz anderen Kultur geprägt ist, damit jetzt, wo es darauf ankommt, nicht klar kommt. Dir viel Leid und Schwierigkeiten bereitet. Obwohl er dich als Vater eurer Kinder unterstützen müsste. Aber das kann er nicht. Und dafür bist du nicht verantwortlich, wenn er das jetzt nicht kann. Auch wenn er vermutich ein intelligenter Mann ist, kann er das nicht.
Ja, mein Ex ist ein intelligenter Mensch.
Auch wenn euch das nach meiner Geschichte seltsam erscheint. Aber ich sehe in ihm auch nicht das Monster, sondern einen Mensch, der aufgrund seiner eigenen Geschichte nicht aus seiner Haut kann und so handelt, wie er eben handelt. Ich hasse ihn nicht. Es entschuldigt auch nichts, aber es
erklärt einiges.
Es gibt Dinge, die ich meinen Eltern vorwerfen könnte. Es gibt Dinge, die mir meine Kinder später vorhalten können. Niemand kann aus seiner Haut. Wir schleppen alle unsere Verletzungen mit uns herum. Ich bin durch meine Eltern geprägt, meine Eltern durch ihre Eltern und die wiederum durch ihre Eltern usw.
Was bringen Vorhaltungen, was bringt dieser Streit, was bringt Hass? Das schadet nur. Ich werde immer wieder versuchen, mit meinem Ex zu kommunizieren, einen Schritt auf ihn zuzugehen, auch wenn es schwer fällt. Ich muss mich damit abfinden, dass meine und seine Lebensgeschichte miteinander verknüpft sind, weil wir gemeinsame Kinder haben.