Abschließend möchte ich noch einmal schreiben, wie es weitergegangen ist, denn mittlerweile ist der Titel des Threads überholt.
Das hier ist ein Liebeskummerforum und dennoch werden hier ab und zu Dinge angesprochen, die eigentlich nichts mit Liebeskummer zu tun haben. Wohl aber mit Liebe und mit Kummer.
Mein Freund ist genau 1 Woche nach dem abgebrochenen OP-Termin operiert worden, also am 18.1.18.
Er hat die OP gut überstanden. Um uns zu unterstützen, sind seine Eltern für ein paar Tage angereist. Das war wirklich sehr schön, sowohl für meinen Freund, als auch für mich und seine Eltern. Es war einfach gut zu wissen, dass andere Menschen ähnliche Sorgen, Ängste und Gefühle haben und man nicht allein ist.
Die langen Gespräche mit seiner Mutter, die ihren Sohn ja nunmal sehr gut kennt, haben mir sehr zu denken gegeben. Sie haben mir geholfen, bestimmte Dinge besser zu verstehen.
Die OP hat einiges verändert.
Seither akzeptiert mein Freund die Diagnose und setzt sich damit auseinander. Obwohl das jetzt schwieriger ist als je zuvor. Denn einerseits lässt es sich nicht mehr "schönreden", da die Biopsie einen eindeutigen Befund ergeben hat. Es besteht also keine Hoffnung mehr, dass es vielleicht doch kein Tumor ist. Mein Freund sagte direkt nach der OP, dass er sich irgendwie versehrt fühlt, weil die Ärzte in seinem Kopf waren.
Auf der anderen Seite besteht jetzt Klarheit und das ist - auch für ihn ! - entlastend. Er hat angefangen, sich damit auseinanderzusetzen, es nicht mehr zu verdrängen.
Manchmal weiß ich nicht, was besser ist: eine Diagnose zu haben und zu wissen, dass man mit Anfang 40 noch eine durchschnittliche Lebenserwartung von 10 Jahren hat, oder es nicht zu wissen und ein paar Jahre so zu leben, wie man es vorher getan hat, mit dem festen Glauben an eine Zukunft.
Es fühlt sich schrecklich an. Für ihn, für mich, für seine Eltern. Wir wissen gerade gar nicht, wie wir damit umgehen sollen.
Nach der Auswertung der Biopsie, haben ihm die Ärzte zu einer OP mit anschließender Bestrahlung oder nur zu einer Bestrahlung geraten. Letzte Woche hat mein Freund mit der Strahlentherapie angefangen. Er muss dafür 6 Wochen lang täglich in die Klinik. Natürlich hoffen wir inständig, dass er sie gut verträgt und möglichst viele Tumorzellen dabei draufgehen.
Wenn ich hier schreibe, geht es mir nicht "nur" um die Erkrankung meines Freundes, sondern in meinem Thread eben um meine Gefühle. Ich schreibe hier, weil ich meinen Freund gerade nicht zusätzlich belasten will. Für mich ist das Schreiben eine Form, um mich mit meinen Gefühlen und Sichtweisen zu beschäftigen und gleichzeitig unsere Beziehung zu entlasten, weil ich das nicht alles mit meinem Freund ausmachen muss. Ich kann ihn dann damit in Ruhe lassen.
Manchmal braucht er diese Ruhe, manchmal braucht er Gespräche.
Mittlerweile ist klar, dass mit dem Tumor bestimmte Wesensveränderungen einhergehen. Mein Freund sieht das mittlerweile selbst und er hat gelernt, mit mir darüber zu sprechen, im Nachhinein. Ich lerne auch gerade, das richtig einzuordnen und dann eben nicht eingeschnappt oder verletzt zu reagieren, sondern mir direkt zu sagen: das ist wegen des Tumors.
Für mich macht das einen riesigen Unterschied, zu wissen, warum er plötzlich abweisend, verschlossen, ängstlich, panisch, abgeschlagen usw. reagiert. Ich muss zugeben, dass es eine Weile dauerte bzw. dauert, dass ich das so verinnerlicht habe, dass ich gelassen reagieren und ihn dann zur richtigen Zeit in Ruhe lassen kann. Aber ich mache Fortschritte.
Ich weiß nicht genau, wann, aber ich habe meine Ängste, Verunsicherungen und Zweifel, die sicherlich auch Folge meiner gescheiterten Ehe waren, überwunden. Für mich steht seit der OP fest, dass ich auf jeden Fall den Weg gemeinsam mit meinem Freund gehen möchte. Auch wenn es schwer sein wird und mir Schmerzen bereiten wird. Es gibt so viele wunderschöne Momente mit meinem Freund und er ist solch ein wundervoller Mensch, dass ich mich glücklich schätzen kann, ihn in meinem Leben zu haben.
Ich liebe seine Art, mich zum Lachen zu bringen. Er ist so witzig! Wie er mit den Kindern spielt, lässt einem das Herz aufgehen. Er hat einen so liebevollen Zugang zu den beiden gefunden, das ist für mich unfassbar. Meine Tochter wünscht sich jeden Abend einen Gutenachtkuss von ihm, sonst kann sie nicht schlafen, sagt sie. Ich genieße unsere vielseitigen, tiefgründigen Gespräche. Er fasziniert mich jedes Mal, wenn wir zusammen zum Sport gehen, Rad fahren oder einfach so im Alltag. Er ist wunderschön. Ich bewundere seine Kreativität, seinen Sinn für Kunst, Design und Lebensart. Er macht mich so oft betrunken vor Glück mit seiner Zärtlichkeit, seiner Liebe für mich. Ich fühle mich mit ihm als Familie, ich denke so oft: genau so sollte es sein, so fühlt es sich richtig an.
Irgendwann ist alles zuende. Man will sich selbst vor dem Schmerz, der eines Tages kommt, bewahren. Aber behindert nicht erst der Versuch, dem zu entgehen, das Glück? Verstellt mir die Angst davor nicht die Sicht auf das, was wirklich gerade zählt?
Ich bin mir nicht mehr sicher, ob ich ihn nicht doch eines Tages heirate. Für mich ist die Ehe nicht mehr erstrebenswert, denn ich kann ihn auch so lieben. Aber wenn es sein Wunsch wäre, würde sich mir doch die Frage stellen, ob es ihm gegenüber gerecht wäre, eine Heirat abzulehnen, weil ich mit einem anderen schlechte Erfahrung gemacht habe.
Das Thema kam von ihm wieder auf, aber es ist sicher nicht sehr dringend und ich habe Zeit, darüber nachzudenken.
Ich denke, dieser Thread ist jetzt "fertig". Ich danke allen, die sich die Mühe gemacht haben, Beiträge zu verfassen!
LG, Badesalz
P.S.:
@Peachy: Ich kenne übrigens das Hirntumor-Forum, da ich mich dort vor Monaten schon einmal angemeldet und geschrieben hatte. Leider fielen die Antworten mehr als spärlich aus, da es dort - eben weil es so speziell ist, viel weniger User gibt. Ich habe auf meinen Thread damals jedenfalls keine Antwort erhalten und in den Threads anderer Leute sah es ähnlich aus. Teilweise waren die Beiträge so veraltet, dass man sich gefragt hat, ob es gerade überhaupt aktive User dort gibt. Außerdem mag ich dieses Liebeskummer-Forum wegen der User, die mir schon ein bisschen ans Herz gewachsen sind.