Damit ist doch alles gesagt. Was Du für sie machst, tust Du nur, damit Du Dir sagen kannst, was für ein toller Mensch Du bist. Diese Bestätigung erhältst Du aus ihrem Lächeln, aus ihrem Feedback, aus ihrer Dankbarkeit. Altruistisch bist Du keineswegs, sondern egoistisch. Wärst Du selbstlos, wäre es Dir egal, ob sie Deine Aufmerksamkeit schätzt oder nicht. Sie könnte Dir auch zum "Dank" einen Tritt geben oder Dich beschissen behandeln, und Du würdest ihr dennoch etwas gutes tun. Würdest Du aber dann nicht mehr. Ergo: Du tust es nicht für sie, sondern für Dich. Was Du für sie tust, ist letztendlich auch für Dich nur Mittel zum Zweck. Worin Du Deinen Lohn beziehst, ist variabel. Was aber immer bleibt, ist: Ohne "Lohn" würdest Du es nicht mehr machen.
Natürlich hast Du prinzipiell Recht - wir tun Dinge für andere Menschen, weil wir dafür irgendwie "entlohnt" werden. Nur sind Egoismus und Altruismus eben keine Handlungen, sondern mentale Einstellungen. Der Altruist ist in der Lage, eigene Befriedigung aus dem Glück anderer Menschen zu ziehen. Und ist deswegen motiviert, etwas für sie zu tun. Dem Egoisten fehlt diese Fähigkeit - er tut deshalb primär nur dann etwas zum Wohle eines anderen, wenn etwas für ihn vorteilhaftes für ihn dabei herausspringt. Und zwar mehr als die simple Freude, einen anderen erfreut zu haben.
Wenn ich den eiligen jungen Mann an der Kasse vorlasse, freut es mich, wenn der strahlt und sich darauf freut, etwas schneller zu seinem Date zu kommen. Pures emphatisches Mitfreuen. Die egoistische Version wäre, ihn nur dann vorzulassen, wenn mich gerade jemand beobachtet, vor dem ich dann gut dastehe, wenn ich eh noch ein Stück Butter holen wollte und so die Zeit dafür gewonnen habe, oder wenn ich hoffe, dass er mich zum Dank zum Essen einlädt ...
Man kann so etwas auch gut in den Foren dieser Welt beobachten. Da gibt es Menschen, die auf den Fragesteller eingehen, versuchen, auf seiner Sprachebene mit ihm zu kommunizieren, sein Problem ernst nehmen und ihm/ihr individuell zu helfen versuchen. Und all das, weil sie eben ihre Belohnung daraus ziehen können, dass vielleicht mal ein "danke, jetzt geht's mir besser" kommt. Meli ist so ein tolles Beispiel für diese Art Menschen - sie scheut sich sogar nicht, wirklich heftige, schmerzhafte Details aus ihrer eigenen Vergangenheit aufleben zu lassen, wenn sie das Gefühl hat, dem Fragesteller damit helfen zu können. Und nimmt sich ansonsten sehr zurück und stellt das Problem und den TE in den Mittelpunkt.
Den Gegensatz dazu bilden Schreiber, die ihre Beiträge vorrangig nutzen, um sich selbst zu präsentieren, ihre Meinung bekannt zu machen, ihre rhetorischen Fähigkeiten zu trainieren oder einfach ihre Langeweile zu vertreiben. Die Frage des TE dient lediglich als Sprungbrett, als Aufhänger für die inszenierte Selbstdarstellung. Und der Lohn ist dann eben die Aufmerksamkeit, die man bekommt (ob positiv oder negativ, ist weitgehend egal) und das gelegentliche Auftreten von Cronies, die ein "ach, Du bist so toll" zurückspiegeln. Ob mit dem Beitrag dem TE geholfen wurde, oder ob der sich betroffen zurückzieht, ist egal - oft wird sogar dann noch weiter geschrieben, wenn der TE schon längst nicht mehr an der Diskussion teilnimmt. Hauptsache, irgendwer antwortet noch, schenkt damit Aufmerksamkeit und bietet die Gelegenheit, einen weiteren selbstverliebten ach so klugen, weisen und über den Dingen stehenden Beitrag zu verfassen. Oder zwei. Oder 11.079.
Dummerweise fällt mir jetzt absolut kein Beispiel für so einen Schreiber ein. Aber ich denke mal, irgendwann taucht schon auch hier einer auf
By the way ... die ganze Egoismus-Theorie erinnert stark an Frank Schirrmachers „Ego – das Spiel des Lebens". Aber sogar der erzählt „Als John Nash in den Fünfzigerjahren seine Modelle entwickelte, haben sie die an den Sekretärinnen in der Rand Corporation ausprobiert. Dabei zeigte sich, dass diese Frauen eben nicht egoistisch handelten wie angenommen, sondern rational-altruistisch. Nash ist fast durchgedreht, als er das hörte, und sagte, die Sekretärinnen hätten das Spiel nicht verstanden.“
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