Erinnerungsstücke an Ex-Beziehungen aufheben oder wegschmeißen?

Dabei
23 Nov 2016
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#1
Hallo zusammen,

ich habe heute mein Arbeitszimmer aufgeräumt und dabei alte Briefe gefunden. Es sind verschiedene Briefe aus zwei vergangenen Beziehungen. Sie sind schon einige Jahre alt. Darunter sind auch Schriftstücke, die ich in schwierigen Zeiten geschrieben, aber nie abgeschickt habe.

Beim Durchlesen hatte ich so Gedanken wie: "puh, ganz schön naiv warste damals" oder "echt jetzt, so ernst war es dir?" oder "ach, interessant, was er gesagt, aber dann doch nicht umgesetzt hat" oder "oh, hab total vergessen, dass wir das damals zusammen unternommen haben" usw.

Mehrheitlich dachte ich aber, dass ich die ganzen Sachen auch direkt entsorgen könnte, weil sie wie aus einem anderen Leben erscheinen und irgendwie nichts mehr mit mir zu tun haben.

Ich habe aber dann doch gezögert, weil: wenn weg, dann weg.

Wie geht es euch mit solchen Erinnerungen? Behaltet ihr sowas? Oder schmeißt ihr das weg?

Wahrscheinlich schreibt heutzutage keiner mehr Briefe, aber es gibt ja auch andere Dinge, wie Fotos o. Ä., die man z. B. noch in irgendeinem digitalen Ordner aufbewahrt, obwohl man sie auch löschen könnte.

Mich würde euer Umgang mit Erinnerungen an Ex-Beziehungen interessieren.
 
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Dabei
7 Sep 2023
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#2
Ich würde solche Sachen nicht wegwerfen, wenn nicht wichtige Gründe dafür sprechen.

Manchmal kann es hilfreich sein, später noch mal einen Blick auf die eigene Entwicklung zu werfen, und auch, eigene Erinnerungen zu überprüfen, denn diese verändern sich im Laufe der Zeit auf interessante Weise.
 
Dabei
24 Sep 2017
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#4
Wenn eine Beziehung zur eigenen Backstory geworden ist, kann man die schon aufheben. Schließlich ist man auch irgendwann alt und braucht irgendeine Form von Erinnerungshilfe.
Wenn die Beziehung bzw. die Erinnerung daran aber irgendwie (noch) zu Schmerz führt, kann es ganz heilsam sein, das Zeug einfach zu entsorgen. Wie mit allen Sachen irgendwie.
Ich hab im Keller meiner Mutter mal ein altes Deutschheft von mir aus der 3. Klasse gefunden und das ist so ein Goldfund, ich lach mich heute noch immer wieder schlapp, wenn ich darin lese und an diese krass alberne Drittklässlerin denke, die ich war, und die ich so gern haben würde, wenn ich ihr nochmal begegnen würde.
 
Dabei
3 Jan 2019
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#5
Wenn es positive Erinnerungen sind, dann behalte ich sie. Der Nachteil bei Briefen ist, dass ich ja nur den Brief des anderen habe, aber nicht MEINEN Brief dazu. Warum bedeuten mir diese Briefe aber so viel?

Natürlich sind es vorwiegend schöne Erinnerungen, aber die Zeit kann man nicht zurückdrehen. Die Briefe von damals habe ich inzwischen - nach fast 35 Jahren - vernichtet. Es waren doch sehr private Inhalte und einfach 'wegschmeißen' hätte ich sie nicht können. Die Erinnerung an damals behalte ich aber bei mir, in meinem Kopf.

Was anderes sind Fotos, auch digital (ich habe ja noch Dias - wenn das heute noch einer kennt). Die würde ich nie so einfach wegwerfen oder löschen. In der Regel habe ich auch nur Aufnahmen gemacht, die ich guten Gewissens jedem zeigen kann. Sie sind Teil meines Lebens und - im Vergleich zu den Briefen - nicht so persönlich.

Der Vorteil von E-Mails oder PN's ist, dass der Schriftverkehr BEIDE Seiten wiedergibt. Das kann interessant sein, wenn man uralte Nachrichten Jahre später nochmal liest. Möglichweise werden einem dann Veränderungen an einem selbst bewusst, die man so nicht wahrgenommen oder anders eingeschätzt hätte.
 
Dabei
15 Jun 2019
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#6
Ich hatte/habe erst drei feste Beziehungen. Aus meiner ersten Beziehung habe ich viele Erinnerungsstücke behalten, auch Briefe, die mein damaliger Freund mir geschrieben hat. Die schaue ich mir immer wieder gerne an und denke an die tolle Zeit zurück. Es war eben die erste große Liebe und vor allem geschah die Trennung später einvernehmlich im Guten.

Aus meiner zweiten Beziehung habe ich nichts behalten außer die Lehren, die ich daraus ziehen konnte.
 
Dabei
23 Nov 2016
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#7
Ja, ich kann das natürlich nachvollziehen, dass man gewisse Erinnerungsstücke behält. Die eigene Erinnerung verfälscht sich mit der Zeit ja immer und mich überrascht es dann auch, wie es damals wirklich gewesen ist.

Alte Schulhefte habe ich auch noch.

Aber manchmal würde ich auch am liebsten gewisse Dinge aus meinem vergangenen Leben vergessen. Da stören mich Erinnerungsstücke irgendwie.

Beispielsweise habe ich noch viele alte Foto-Alben von meiner ersten Hochzeit und von meinen Kindern, als sie noch sehr klein waren, im Schrank stehen. Ich würde die Alben auch nicht wegschmeißen. Aber ich werde da auch nicht mehr reinschauen. Ganz einfach, weil auf den ganzen Fotos auch mein Ex-Mann drauf ist. Klar war das ein Teil meines Lebens. Aber ich würde mich am liebsten nicht daran erinnern. Ich vermeide das und schaue möglichst nur nach vorn. Ich habe meinen ersten Ehering auch zum Juwelier gebracht und verkauft. Vom Geld habe ich mir etwas Schönes gekauft. Ich wollte den Ring nicht mehr aufbewahren.

Es ist ein bisschen schade, dass ich mir kaum mehr Fotos ansehen werde von meinen Kindern, als sie klein waren. Aber es geht eben nicht, ohne dass ich meinen Ex auch sehen würde. Wahrscheinlich schenke ich die Alben irgendwann meinen Kindern, wenn sie sie haben möchten.

Kennt ihr das nicht, dass man auch ein Stück weit sein altes Ich zurücklassen will? Weil man sich damit so gar nicht mehr identifizieren kann?

Mir geht das aber nicht nur mit unschönen Erinnerungen so, sondern ich finde es auch schwierig mit Erinnerungen an besonders geliebte Wegbegleitern. Glücklicherweise leben meine Eltern und Geschwister noch und ich hatte da noch keinen Verlust zu beklagen. Aber bei mir in der Wohnung steht auch kein Foto von meinem früheren Pferd, das mich 20 Jahre lang treu begleitet hat und zu dem ich eine sehr enge Beziehung hatte. Ich musste es vor 12 Jahren einschläfern lassen und denke und träume immer noch ganz regelmäßig von ihr. Wenn ich sie dann noch ständig auf Fotos sehen würde, wäre es mir irgendwie zu viel.

Ich denke immer viel lieber an die Zukunft als an die Vergangenheit, fällt mir gerade auf. Ich ziehe daraus mehr Kraft, mich auf Neues zu konzentrieren, als Vergangenem nachzutrauern.

Mh, ist auch ein bisschen komisch, wenn ich's mir recht überlege 🙈🤔.
 
Dabei
6 Mrz 2013
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#8
Kennt ihr das nicht, dass man auch ein Stück weit sein altes Ich zurücklassen will? Weil man sich damit so gar nicht mehr identifizieren kann?
Also "so" kenne ich das nicht. Ich bin immer ich, für mich gibt es kein ganz altes Ich, ein älteres Ich, ein relativ junges Ich und ein aktuelles Ich. Ich bin immer ich. Ich brauch da auch nichts aktiv zurückzulassen, denn die Vergangenheit ist ja eh vorbei. Und alles was ich erlebt habe hat mich irgendwie geformt, und insoweit habe ich das mitgenommen ohne dass mir das genau bewusst ist.
Ich denke immer viel lieber an die Zukunft als an die Vergangenheit, fällt mir gerade auf. Ich ziehe daraus mehr Kraft, mich auf Neues zu konzentrieren, als Vergangenem nachzutrauern.
Das klingt so als meintest du du müsstest dich für irgendwas rechtfertigen. Das musst du überhaupt nicht.
Ich glaube auch nicht, dass die, die wir geschrieben haben, dass wir zB alte Fotoalben nicht wegwerfen, zwangsläufig irgendwas "nachtrauern". Das kann auch nur ein harmloses "hach, damals ..." sein oder ein "ach, interessant, wie ich damals drauf war".
 
Dabei
3 Jan 2019
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#9
Ich denke immer viel lieber an die Zukunft als an die Vergangenheit, fällt mir gerade auf. Ich ziehe daraus mehr Kraft, mich auf Neues zu konzentrieren, als Vergangenem nachzutrauern.
Ich versuche der Vergangenheit nicht nachzutrauern, sondern sie zu akzeptieren. Bei mir ist zum Glück nichts wirklich Schlimmes passiert, aber mir ist klar und bewusst, dass mich auch die unangenehmen Dinge in meinem Leben geprägt haben. Auf keinen Fall würde ich mir die Erinnerungen an meine Kinder kaputt machen lassen, sondern eher die Bilder zerschneiden und den Ex dadurch kaputt machen. Nee, im Ernst:

Ich glaube, um es wirklich verarbeitet zu haben, muss man solche Bilder ohne Wut oder Scham anschauen können. Man muss sie ja nicht ständig anschauen. Gleiches gilt für mich bei einem (Haus)Tier, welches einen lange Zeit begleitet hat. Ich denke gerne an die Zeit zurück und habe auch etliche Fotos. Mich erfüllen diese Bilder (weil positiv) mit Dankbarkeit für die Zeit, die wir zusammen hatten.

Kennt ihr das nicht, dass man auch ein Stück weit sein altes Ich zurücklassen will? Weil man sich damit so gar nicht mehr identifizieren kann?
Ich kenne es eher so, dass ich mich nicht damit identifizieren will - dass ich mein "altes Ich" zurücklassen möchte. Allerdings ist mir bewusst, dass ich die Uhren nicht zurückdrehen kann. Ich bin wie ich bin und kann mich höchstens für die Zukunft ändern, jedoch nicht für die Vergangenheit. Die Vergangenheit kann ich auch nicht wegwischen oder auslöschen. Sie ist ein Teil von mir. Ich kann jetzt nur mein Ich ändern, ohne dabei das "alte Ich" zu vergessen - oder wie andere sagen: Aus meinen Fehlern lernen.
 
Dabei
24 Sep 2017
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#10
Bezüglich eine andere Person sein:
Ja, ich kenne das. Voll. Das ist bisher auch jeder Person, die ich kenne, gegangen, die eine schwierige/traumatische Zeit hinter sich hatte und daran gewachsen ist. Ich fand das immer sehr positiv und reflektiert. Es ist im Grunde auch mentales Aufräumen und zeigt auch, dass man die eigenen Grenzen, sich und seine Fähigkeiten besser kennt und auf sich aufpassen kann - dass einem all das nicht nochmal passieren würde. Oder wenn doch, weil man es nicht in der Hand hat, damit besser umgehen kann. Es ist ein bisschen wie schonmal in einen Abgrund gefallen zu sein: Man kam raus, alles war scheiße, aber, wenn man nochmal auf einen Abgrunds zusteuert, weiß man, wie der Teil davor eben aussehen kann und kann vorher schon umdrehen.
Ganz wird man diese andere Person vermutlich leider nie los und in manchen (unangenehmen) Situationen kommt sie wieder raus. Wenn man das merkt, kann man ja hinterher "hallo danke tschüss" sagen.

Zum Thema Bilder für die Kinder:
Die Bilder sind nur irgendwelche Sachen. Du bist deinen Kindern vieles schuldig, aber doch nicht irgendwelche Sachen.
Klar kann es Momente geben, in denen deine Kinder die Fotos gerne sehen möchten oder für irgendwas bräuchten, aber das ist so unwahrscheinlich...
Denn: Wenn ihr sie zusammen anschaut, können sie schon irgendwas zu den Haaren von damals sagen, aber am Ende sind das nicht ihre Erinnerungen, vor allem die Braut auf den Hochzeitsbildern dürfte eine unbekannte Person für sie sein.
Ich weiß nicht mehr, wie alt deine Kinder sind, aber sie verstehen sicher jetzt oder auch später noch, dass es schmerzhaft für dich war und du die Sachen nicht mehr hast. Selbst wenn sie es nicht nachvollziehen könnten oder kein Verständnis für dich hätten, das würde sie nicht zu schlechten Menschen machen - nur Menschen, die in der Sache halt Unrecht haben.
Und glaub mir, wenn du gestorben bist, werden deine Kinder eigene Erinnerungen an dich und Fotos von dir haben. Sie werden sich in vielem, was sie tun oder nicht tun, an dich erinnern. Da kommt es auf eine Kiste Fotos nicht an.

Bilder für dich aufheben:
Ich wünsche dir, dass du mal eine alte Frau bist, die *alle* ihre Fotos anschauen und "yeah" sagen kann. Aber diese Frau würde es auch verstehen, wenn aus dieser Zeit keine Fotos da sind, weil sie eine coole Socke ist, die dir wohlgesonnen ist und dir dankbar ist, dass du sie zu dem gemacht hast, was sie ist.

Zum Thema was tun mit den Bildern:
Klar, an Eltern oder Kinder weitergeben. Oder sie mit ein paar Freund:innen (auf keinen Fall alleine) nochmal durchschauen und entscheiden, welche Bilder behalten, verschenkt, bearbeitet oder entsorgt werden.
Oder du nimmst den ganzen Krempel und weg damit.
Auf keinen Fall würde ich das weiter im Schrank stehen lassen. Das Zeug muss weg. Du brauchst Platz für dich.
 
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